Text und Bilder des folgenden Beitrags stammen von Frau Ingeborg Discher, die einen Teil ihrer Kindheit am Teutoburger Platz verbracht hat. Wir bedanken uns herzlich für den schönen Einblick in das Leben am Teute in den dreißiger und vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts.
„Mutter hatte ihre liebe Not mit mir. Ein Foto bezeugt: Ich zerre am Ballnetz, möchte weiterspielen auf diesem Schönen Spielplatz. Doch Mutter drängt zur Eile, denn sie muß zur Arbeit. Sonst geht Oma mit mir zum Platz, doch sie liegt wegen einer Augenoparation im Krankenhaus. Mit Oma bin ich bei schönem Wetter fast täglich hier. Der Weg von der Zehdenicker Straße hierher ist für Oma anstrengend. Die Christinenstraße hat eine ziemliche Steigung und Oma ächzt sich am Krückstock stets den Berg hinauf. Auf dem Spielplatz läßt sie sich schwer auf ihrer Bank nieder; es ist immer dieselbe. Der Platz erscheint mir sehr groß. Es gibt dort viele bequeme Bänke mit Rückenlehne und einem roten Anstrich und hinter ihnen steht auf dem ganzen Platz eine dichte Fliederhecke. Sie wird nur unterbrochen durch die Zugänge an der Fehrbelliner- und an der Zionskirchstraße. Dort stehen Steinhäuschen im Klinkerbau. Sie sind zum Platz hin offen, in ihnen stehen ebenfalls Bänke, die vor Regen Schutz bieten. Seitlich der Häuschen befinden sich Toiletten. In der Mitte des Platzes gibt es einen großen Buddelkasten mit einer breiten Einfassung aus Stein, auf der es sich herrlich die Kuchen aus den Sandförmchen stürzen läßt. Wie läßt es sich so wunderbar dort backen. Wenn nur nicht so ein frecher Junge mit seinem Stöckchen in die Sandkuchen pieken würde. Dann droht Oma mit ihrem Krückstock von ihrer Bank und er verschwindet.
Einige Sommer sind Oma oder Mama, wenn sie Zeit hatte, mit mir auf den Teutoburger Platz gegangen. Von Jahr zu Jahr kam mir der Weg dorthin kürzer vor; von Jahr zu Jahr wurde er für Oma beschwerlicher. Inzwischen hatte ich auch eine Spielfreundin, die ebenfalls mit ihrer Oma hier her kam. Die beiden Großmütter hatten sich ebenfalls angefreundet.
Die Schulzeit reduzierte die Besuche auf den Spielplatz und auch der Krieg. Viele Kinder waren irgendwohin evakuiert oder ausgebombt. Nach dem Sommer 1943 gab es kein Spielen mehr auf diesem Platz. „Luftschutzmaßnahmen“ hatten ihn zweckentfremdet.
Nur meine Spielfreundin traf ich später wieder, wir waren noch in den letzten zwei Schuljahren in einer Klasse. Unsere beiden Großmütter waren inzwischen gestorben.
1972 bekam meine älteste Tochter eine Wohnung in der Zionskirchstraße 73. Schaute sie aus dem Fenster, schaute sie auf den Teutoburger Platz, den „Teute“, wie er heute genannt wird. Auch ihre zwei Kinder spielten nun hier. Als sie herangewachsen waren, wohnte eins dieser Kinder wiederum in der Zionskichstraße, Haus-Nr. 59, also ein Stückchen weiter weg, ohne Blick auf den „Teute“.
Der war natürlich in meiner Zeit viel schöner!“
Das ist ja schön, so eine anschauliche Geschichte lesen zu können. Was ist denn mit den „Luftschutzmaßnahmen“ gemeint? – Weiß das jemand?
Vielleicht wurde ein Löschteich (wie auf dem Helmholtzplatz) angelegt, um Dachstuhlbrände durch die Phosphorbomben schnell zu löschen?