„Großstadt besteht aus einer Koexistenz von Heterogenität“

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Um anderen Lärm als Baulärm bemühen sich zur Zeit diverse Bürgerinitiativen. Ob am Kollwitzplatz, wo einigen AnwohnerInnen der wöchentliche Aufbau des Ökomarkts nervt, oder anderswo, wo sommerlich draußen feiernde Jugendliche auf den Geist gehen mögen.

Zwei Zeitungen haben Gedankenmacher ins Rennen geschickt: Die Berliner Zeitung befragte den Großstadtforscher und HU-Ex-Prof Hartmut Häußermann, der als Antwort unter anderem die Titelzeile dieses Beitrags ausspuckte. Der Tagesspiegel schickte seinen Kolumnisten Harald Martenstein vor, um sich wütende Internet-Kommentare einzufangen.

Beide treten sie für eine großstädtische Toleranz gegenüber lebhaften Nutzungen des öffentlichen Raumes ein. „Man darf Privatinteressen in öffentlichen Raum nicht prinzipiell in den Vordergrund stellen“, meint Hartmut. Im Prenzlauer Berg lebten aber inzwischen so viele Rechtsanwälte, Lehrer und andere Akademiker, die sich rechtlich auskennen würden und leider entsprechend schnell die Polizei riefen, wenn es irgendwo laut werde. „Das ist einerseits ihr gutes Recht. Andererseits führt es schnell zu einer Zerstörung von Urbanität durch Rechthaberei.“

„Sorry, Leute, auch wenn es hart klingt, im Szenekiez herrscht keine Waldesruhe, das Leben ist lauter als der Tod“, kommentiert Harald die Klagen von AnwohnerInnen der Kreuzberger Admiralbrücke über Jugendliche, die dort häufig bis in die Nacht hinein feiern. Hinter dem Problem stecke vielmehr ein legitimes Interesse, „nämlich das Interesse der Jugend an einem schönen Ort des kostenlosen Herumhängens“.

Um Baulärm geht es dabei also gar nicht. Gehört der auch zu einer „weltläufigen Atmosphäre“ dazu? Zur Heterogenität, die zu tolerieren sei?

Und nebenbei: Wer eine Mietminderung beansprucht, ist ja von einer Klage gegen die Baustelle oder gar das Bauvorhaben selbst weit entfernt. Vielleicht ist es ja nur eine praktische Gelegenheit, sich ein bisschen von der letzten Mieterhöhung zurück zu holen…