Einladung zum Kiezspaziergang durch die prenzlige Mitte

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Bei der zweiten Runde unseres 2-3stündigen Kiezspaziergangs durch Prenzlauer Berg und Mitte rund um den Rosenthaler Platz gibt es wieder Informationen zu Themen wie Mietsteigerungen und Verdrängung, Privatisierung, Tourismusindustrie und Ferienwohnungen, Kommerzialisierung und Gentrifizierung.

In den vergangenen 20 Jahren hat die Gegend um den Rosenthaler und den Teutoburger Platz einen kompletten Wandel vollzogen. Ca. 80 Prozent der Bewohner_innen haben sich ausgetauscht. Immer weniger unsanierte Gebäude und Hausprojekte bleiben übrig, dafür schmücken sich schicke Edelboutiquen mit pseudo-abgeranztem Ambiente.

Immobilienspekulationen, Luxussanierungen und eine auf privatwirtschaftliche Interessen ausgerichtete Stadtentwicklungspolitik haben zu einer massiven Verdrängung weniger betuchter Einwohner_innen und bestimmten Kleingewerbes geführt. Kaum noch ein Laden für die Dinge des Alltags, dafür immer mehr Gewerbe, das nur noch für die Tourist_innen aus den vielen Hotels, Hostels oder für die zahlreicher werdenden „Besserverdienenden“ von nah und fern da ist. Selbst die Galerien, einst erste Anzeichen für den beginnenden Wandel, werden nun wieder von Boutiquen verdrängt, in denen für manche Kleidungsstücke ein kompletter monatlicher Hartz-4-Satz inklusive Wohngeld draufgehen würde.

Bei Neuvermietungen steigen hier die Preise mit am Stärksten. Wohnraum für weniger Betuchte ist praktisch nicht mehr vorhanden – auch weil immer mehr Wohnungen in Ferienwohnungen umgewandelt werden.

Wie in ganz Berlin regt sich aber auch hier Widerstand noch verbliebener Alteinwohner_innen und derjenigen, denen soziales Miteinander im Kiez wichtiger ist die immer weitergehende Vermarktung der Stadt.

Auf unserem Spaziergang liefern wir Einblicke und Hintergründe in die verfehlte Stadtentwicklungspolitik, zeigen Beispiele für Verwandlung und Verdrängung, besuchen Projekte und Anwohner_innen, die sich gegen den Trend stemmen und beenden den Rundgang bei Grünkohl und warmen Getränken im Liniencafé, wo wir uns aufwärmen, uns austauschen und neue Pläne schmieden.

Kiezgruppe Mitte/Prenzlauer Berg,
kiezen@riseup.net

10 Kommentare

  1. Schon unglaublich, wie man sich auf dem Plakat mit den Farbbeutelwerfern und deren Gewaltmethoden verbrüdert. Es fehlt leider noch die kaputte Fensterscheibe am Eingang, die auch eingeschlagen wurde. Da fragt sich, ob man bei dieser Nähe bei den polizeilichen Untersuchungen nicht bei den Organisatoren dieses Spaziertgangs beginnen sollte.

    Und nur damit Ihr das in diesem Jahr richtig darstellt: letztes Jahr hieß es nämlich abstruser Weise, die Höfe seien ein Beispiel für eine gated community. Erstens gibts noch gar kein gate und zweitens wird vergessen, dass Hinterhöfe in Berlin grundsätzlich nicht zugänglich sind. In die meisten kann man nichtmal reingucken, weil ein dickes Holztor davor ist.

    Aber das ist ja eh das Motto dieser Seite: Man biegt sich seine Wahrheiten so, wie sie einem am besten passen. Viel Spaß, weiterhin dabei!

  2. Ich verstehe die Gefühle von den Einwohnern unseres Kiezes. Ich persönlich fuehle mich auf’m Teute noch gut, aber zum Kollwitz Platz traue ich mich nicht mehr.

    Meine Frage ist welche Vorschlaege habt ihr dagegen zu wirken? Das ist in eurer „Einladung“ nicht erklaert. WBS erweitern? Die Besserverdiener einfach nett fragen ob sie nicht lieber nach Pankow ziehen wollen? Jedes vierte Haus als Staatseigentum zu enteignen?

    Ich meine es ernst? Was soll man dagegen tun?

  3. Krass, wie ihr der Gewalt und Sachzerstörung das Wort redet. Wenn Ihr in den Innenhof geht, um da mal megafonmässig eure nachbarn zu erschrecken, frage ich mich, was mit euch los ist. Super: Die in den Choriner Höfen lebenden Kinder haben Angst bekommen oder wurden aus dem Schlaf gerissen. Die Erwachsenen wundern sich über euch. Was wollt ihr erreichen? Dass die Choriner Höfe wieder abgerissen werden? Wird nicht passieren. Dass weiter Farbbeutel und Steine gegen die Fassaden geworfen werden? Dafür steht die Versicherung ein, die dann ihre Prämien erhöhen kann. Letztlich werdet ihr nur erreichen, dass der Innenhof „gesichert“ wird. Damit tritt dann praktischerweise genau der Zustand ein, den ihr besonders laut kritisiert; die Abschottung der „anderen“. Eure Schadenfreude weist euch als Spießbürger aus. Komisch, dass ihr glaubt, (nur) ihr seid die „wirklichen“ Anwohner. Die Gruppe, die mich hasserfüllt in der Choriner Straße angeschaut hat, bestand jedenfalls offenkundig nicht gerade aus alteingesessenen Mietern. Mir kommt es so vor, als wollten „Zugezogene“ den von ihnen vorgefundenen (oder auch nur erhofften) Status konservieren. Berlin steht aber für Veränderung und es gibt immer wieder neue Kieze, die von kreativen Personengruppen entdeckt und entwickelt werden. Das Problem der Gentrifizierung beginnt übrigens schon in diesem Momen: Der Umstrukturierungsprozess urbaner Quartiere wird mit der Neuerrichtung alternativer Wohn- und Lebensformen in bislang günstigen Wohnqaurtieren eingeleitet (siehe Neukölln). Die Gentrifizierer der ersten Welle finden die von ihnen herbeigeführten Veränderungen gut und kümmern sich nicht um den von ihnen verursachten Verdrängungseffekt. Nur eins muss unbedingt (mit Farbbeuteln, Steinen, Krach oder was auch immer) verhindern werden: Die zweite Welle der Gentrifizierung.

  4. @“noch ein Anwohner“: Frag Dich mal nicht so viel (wenn ein Bild auf einer Ankündigung für eine Veranstaltung ein Hinweis auf die Täter einer Straftat ist, dann hätte die Polizei ganz schön viel zu tun), sondern geh doch mal zum Kiezspaziergang und hör Dir die Sache an, wenn Dich das Thema interessiert.
    Und was soll das mit den Wahrheiten hinbiegen? Auf diesem Blog darf man seine Meinung äußern und es darf Diskutiert werden!!! Und der Spaßfaktor ist eher gering, wenn mann sich per Kommentar mit „noch ein Anwohner“ und „Anwohner“…(habt ihr alle keine ordentlichen Namen)… auseinandersetzten „muss“.
    Andrea

  5. @pascal
    ja, du hast die Gentrifizierungstheorie begriffen, und nun?
    Der Rest deiner Argumentation sind nicht mehr als unendliche Male wiedergekäute Argumente von „sich nun mal verändernden Stadtvierteln“ und so weiter. Fehlt eigentlich nur noch der Spruch vom Sozialneid.
    Aber war es nicht eher Sozialneid der dich, egal für welchen Preis, in die Gegend verschlagen hat? Denn ein Lebensgefühl und ein Stück vom „bunten Kiez“ kann man sich ja kaufen? Auf Ablehnung zu stoßen, weil man mit genau solchem Tun andere, ob nun Spießbürger oder nicht, verdrängt, passt dann doch nicht ins selbstgeschusterte „kreative“ Leben. Es ist ebenso eine Form von Gewalt.Von daher, lass das Argumentieren von „euren Nachbarn“. Für mich hat dieser Begriff immer noch eine soziale Komponente, steht für Gemeinsames statt Ellbogenpolitik. Und die habt ihr nicht.

    1. Lieber flo!

      Super, was Du alles über mich weisst! Über meine Wünsche und Sehnsüchte, über meine selbstgeschusterte Kreativität, über meine Gewalttätigkeit, usw. Bist Du Hellseher oder Psychologe…? : )

      Interessant, dass Du das Thema „Sozialneid“ aufbringst, von dem ich gar nicht gesprochen hatte. Mich hat der „Sozialneid“ nicht in die Gegend gebracht. Die Zehdenicker habe ich bislang auch nicht als „bunten Kiez“ erlebt. Mir kommt die Ecke ganz schön bürgerlich vor. Dir nicht? Ich komme aus Berlin (soll’s ja auch mal geben!) und habe schon in weitaus „bunteren Kiezen“ gewohnt.

      Ich glaube auch nicht, dass die Teute-Aktivisten vom „Sozialneid“ geplagt sind. Wer nämlich mit Bugaboo-Kinderwagen und Cashmere-Schal zur Hinterhof-Demo erscheint, kann wirtschaftlich eigentlich nicht richtig schlecht gestellt sein, oder?

      Vielleicht lernen wir uns ja bald kennen. Beim nächsten Kiezspaziergang möchte ich nämlich dabei sein. Ich würde mich freuen, wenn wir dann ins Gespräch kämen!

      Für heute viele Grüße

      Pascal

  6. Hallo flo,
    sach mal, wie viel Jahre muss ich im Kiez wohnen, um anerkannter „noch verbliebener Alteinwohner_innen“ zu sein. Meine ich ernst, ich weiß nämlich nicht, ob ich nun zu den Pionieren oder zu den Gentrifiziern gehöre. Bin 2006 immerhin aus der Uckermark in die Choriner gezogen, verdiene gut und zahle 12,45 € bruttowarm Miete. Soll ich wieder in die Uckermark zu den Nazis ziehen? Wenn ich jemanden verdrängt habe, tut es mir leid. Aber davon stand nichts in der Wohnungsanzeige.

    Und noch eine Frage: Was meinst Du genau mit „soziales Miteinander im Kiez“? Muss ich jetzt jeden ABend in der Schwarzen Pumpe ein Bierchen trinken? Meine Nachbarn grüßen? Mir Rasterlocken zulegen? Und was meinst Du mit Kiez? Wo fängt der an und wo hört der auf?

    Das sind wirklich ernst gemeinte Fragen mit der Bitte um ernstgemeinte Antworten. Ich versuche zu verstehen, um was es hier eigentlich geht …

  7. Tja, hier könnte frau zu so einigem Einiges sagen…aber zu lang solls ja auch nicht werden.
    1. hat die Kiezgruppe sich niemals gegen Zugezogene generell ausgesprochen (das wäre in der Tat schizophren), sondern kritisiert den prozess (und die politischen entscheidungen, die dazu geführt haben und weiterhin führen), der bewirkt, dass leute mit wenig geld in dieser gegend nicht mehr wohnen können, d.h. keine wohungen mehr angeboten werden, die vom jobcenter bezahlt werden bzw. die leute mit niedrigeinkommen selbst bezahlen können; dass die kleinen läden, in denen „normale“ (ups, sorry) leute einkaufen, von immer mehr schicken boutiquen und noch mehr edelcafés verdrängt werden; dass immer mehr wohnungen (auch in den choriner höfen z.B.) in Ferienwohnungen oder Kurzmietappartements umgewandelt werden usw. Kurz, die Gentrifizierung als Prozess, nicht die einzelnen Gentrifizierer.
    2. Allerdings kritisieren wir sehr wohl einzelne Flaggschiff- und Prestigeprojekte wie eben die Choriner Höfe, die diesen Prozess enorm nach vorne treiben. Ich habe den Kiezspaziergang aber keineswegs als Horde in den Hof stürmender Terrorist_innen erlebt, wie hier teilweise suggeriert wird, sondern die Leute sind da einmal rein, und dann wieder raus, überwiegend noch nicht mal über den Rasen gelaufen – sehr ordentlich. Übrigens, dass es in einer Stadt wie Berlin villeicht auch mal bisschen lauter wird (wie gesagt, beim Kiezspaziergang nicht der fall), liegt in der Natur der Sache. es ist eine grossstadt. Wen das stört, dem empfehle ich einen Vorort.
    3. zur Frage, wann mensch zu den Gentrifizierern gehört – finde ich gar nicht sooo spannend, obwohl ich 12,45 brutto warm eine krasse Miete finde. Offensichtlich finden sich immer mehr Leute in der Zwangslage, entweder erhebliche Teile ihres Einkommens für Miete auszugeben oder ebenso erhebliche Summen für eine Eigentumswohnung zu investieren, um dort wohnen zu können, wo sie das gern möchten. Viel interessanter finde ich, versuchen wir das alles als Einzelkämpfer_innen irgendwie hinzukriegen und fahren im Notfall die Ellenbogen aus, oder finden wir uns zusammen, um für erschwinglichen Wohnraum, soziale Freiräume, unkommerzielle Projekte zu kämpfen?
    4. Womit wir bei der Frage wären, was tun. Die Kiezgruppe unterstützt unter anderem das Dossier einer Gruppe von Mietshäusern, die sehr konkrete Vorschläge für die Landesebene erarbeitet haben, sowie die Kampagne gegen Zwangsumzüge. Das Recht auf Stadt kann man nicht den Politiker_innen überlassen. Mieterschutz ist Handarbeit. Wenn wir nicht mehr Druck erzeugen, wird der zweiten auch die dritte Gentrifizierungswelle folgen usw.
    5. Nicht zuletzt, und zwar ganz praktisch in den nächsten zwei Wochen: Schokoladen bleibt!!!

  8. Danke für Deine (ich darf Dich doch dutzen, oder?) erste Antwort, wirklich sehr nett und bemüht!

    Wer ist denn die Kiezgruppe und wie kann man da Mitglied werden? Ist das ein Verein? Wie bist Du da Mitglied geworden? Seit wann wohnst Du hier? Wo bist Du geboren? Fragen über Fragen, sorry!

    Also 12,45 € warm finde ich für mich okay, das sind gerade mal knapp 1.340 € warm für ne große helle Wohnung. Und weniger als ein Drittel meines Einkommens, hungern muss ich nicht. Finde ich wirklich okay, nur schade, dass ich eine 60-Stunden-Woche habe, viel unterwegs bin und nur an jedem zweiten Sonntag die Wohnung genießen kann. Mein Bruder wohnt in München und zahlt 21,40 €/m². Gut, er verdient auch bedeutend mehr als ich.

    Ich überlege gerade wie es (rein hypothetisch) wäre, wenn die Miete prinzipiell prozentual berechnet werden würde, sagen wir mal 40 % des Nettoinkommens, ab 1.000 €. Bei niedrigeren Nettoeinkommen muss ein Selbstbehalt von 500 € mtl. garantiert sein. Hmm, da würden die Vermieter vermutlich auch nur an die Leute mit höherem Einkommen vermieten. Keine Lösung. Oder die Vermieter werden gezwungen, einen gewissen Prozentsatz an Leute mit Niedrigeinkommen zu vermieten. Das müsste kontrolliert werden, nur von wem? Der „Kiezgruppe“? Und was macht man, wenn jemand plötzlich aufsteigt und Karriere macht und Geld verdient? Muss der dann wegziehen? Fragen über Fragen.

    Auch würde mich interessieren, wie die Politik Einfluss nehmen kann auf die soziale Segregation, was meinst Du, ganz konkret?

    Und dann muss ich schon sagen, dass ich mich persönlich angegriffen fühlen würde, wenn ich in den Choriner Höfen wohnen würde und „Gentrifizierungsgegner“ Farbbeutel gegen die Fassade werfen, hinter der ich wohne. Auch ich musste mich bereits als „Yuppie“ und „Wessi“ (ich als Uckermärker!) beschimpfen lassen, hab ich auch ziemlich persönlich genommen. Meinem Nachbarn hat man das Auto abgefackelt, das war genau derjenige, dem gerade der Prozess gemacht wird wegen den über 100 Brandstiftungen, er hat gestanden, dass er es aus „Sozialneid“ gehandelt habe. Hallo?

    Und neulich bei „Kaiser’s“ am Teutoburger Platz schrie mir einer hinterher: „Hau ab hier, Scheißschwabe.“ Vermutlich, weil ich mit Aktentasche und Anzug unterwegs war. Nicht nett.

    Ich muss schon sagen, dieses Klima hier finde ich extrem unfreundlich, um nicht zu sagen fremdenfeindlich. Zynisch könnte ich sagen: Fast so wie in der Uckermark.

    Zur sozialen Mischung gehören Arme und Reiche, klar. Ich weiß aber wirklich nicht, was genau für politische Hebel ansetzen können, damit auch „arme“ Menschen hier wohnen können. Bei dieser nachfrage. Wir leben im Kapitalismus, da bestimmt das Verhältnis von Angebot und Nachfrage den (Miet-)Preis. Es kann ja auch nicht sein, dass der Staat hohe Mieten an private Hauseigentümer zahlt, damit da drin Sozialleistungsempfänger wohnen können, oder? Wer soll das bezahlen? Also mal ernsthaft, was schlägst Du vor, Elvira?
    Zum Schluss noch eine persönliche Frage mit bitte um Ehrlichkeit: Wenn Du eine Eigentumswohnung in der Lottumstraße erben würdest und diese vermieten wolltest und Du hättest einen Mietbewerber der 1.200 € bezahlen kann und einen, der 600 € zahlen kann, für welchen von den beiden würdest Du Dich entscheiden? Mal ganz ehrlich.

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